Freitag, 18. August 2017

Alte Bilder und die Refotografie - Teil 2 - München im 20ten und im 21ten Jahrhundert

Zum Thema Refotografie habe ich ja schon im letzten Post ein bisschen was geschrieben.
Von meinen (Re-)Fotos der letzten Jahre eigneten sich leider bei genauerer Betrachtung nur eine Handvoll für den Upload auf re.photos. Aber einige nette Menschen haben mir vor einiger Zeit einen Karton mit alten Glasplatten aus München geschenkt. 
An dieser Stelle nochmal ein dickes Dankeschön :-)

Denn alte Fotomotive aus München und Refotografie = eine Stadtrundfahrt mit Kamera und Stativ und jede Menge Fotos...

Also auf zum Refoto-Sightseeing. 
(Und noch ein Hinweis für die Neuen: Die alt/neu-Bilder haben einen Anfasser an der Übergangslinie. Mit dem kann -bei gedrückter Maustaste- die Überblendungslinie von links nach rechts verschoben werden ...)

Startpunkt war, an einem sonnigen Samstag im August, der Karlsplatz/Stachus.

Justizpalast München vom Karlsplatz Stachus aus. Um 1920-1930 - Spiegelverkehrt

Verrückterweise war gleich das erste Foto spiegelverkert. Ein gern genommenes Problem bei alten Glasplatten. Denn man konnte die Platten von beiden Seiten belichten. Und so kommt es immer mal wieder vor, dass ich die Platte digitalisiere und später feststelle; "Hey, die ist ja falsch herum."
Und da mit einem spiegelverkehrten Ausdruck in der Hand der richtige Blickwinkel schwer zu finden ist, musste ich erst mal an den nächsten Fotodrucker...

15 Minuten später beginnt dann die Suche nach dem richtigen Standpunkt.
Und freundlicherweise haben die S-Bahn-Planer den Abgang ins Untergeschoß in den 60ern an der richtigen Stelle eingezeichnet.
Und so konnte ich nach 80 oder 90 Jahren den Justizpalast in München noch einmal vom Stachus aus fotografieren. 
Zwischen Fahrradständern und Rolltreppe. :-)




Alleine für diese Aufnahme hat sich der Aufwand gelohnt. (Finde ich zumindest ;-)
Ganz in der Nähe, am Lenbachplatz, steht der Wittelsbacher Brunnen. Der Verkehr ist mörderisch und vermutlich sollte ich kurz nach Sonnenaufgang an einem Sonntag den Platz nochmal aufsuchen, denn am Samstangvormittag war die Standortsuche nicht ganz ohne Risiko...


 

Nächste Halt: Theresienwiese.
Die Bavaria mit Ruhmeshalle ist schon länger ein beliebtes Fotomotiv. Allerdings wird Anfang August schon die Wiesn-Stadt aufgebaut. Fast die ganze Theresienwiese ist eine große Baustelle und von daher muss ich wohl im Herbst nochmal hin und auch dieses Motiv nochmal in Ruhe fotografieren.

Bavaria mit Ruhmeshalle - um 1920/1930 und 2017 - Bild in Bild

Weiter ging es zum Siegestor in die Leopoldstraße.
Im Zweiten Weltkrieg bei den Luftangriffen schwer beschädigt und ab 1958 wieder aufgebaut, wurde unter anderem die Rückseite komplett neu gestaltet.
Und so wurde zum Beispiel aus der Inschrift: 
Erbaut von Ludwig I König von Bayern MDCCCL
DEM SIEG GEWEIHT VOM KRIEG ZERSTÖRT ZUM FRIEDEN MAHNEND





Der Man mit Hut den man unten Links vor der Säule sieht, ist vermutlich der Fotograf der Bilderserie. Wenn man die ganzen Bilder genauer betrachtet, dann findet man auf jedem Foto jemanden, der wie zufällig im Bild steht.



Aber schnell weiter zum Bayerischen Nationalmuseum in der Prinzregentenstraße.



Sauber nachstellen konnte ich das alte Foto nicht, denn dort wo der Fotograf seinerzeit stand, befindet sich heute das Bayerisches Staatsministerium für Wirtschaft und Medien. Der alte Standort liegt sozusagen hinter dem neuen Gebäude. Keine Chance.

Also weiter. Nächster und vorletzter Stopp: der Friedensengel

Friedensdenkmal / Friedensengel München - um 1920/30Friedensdenkmal / Friedensengel München - 2017

Hier ist zunächst mal ein Baum im Weg. Da warte ich mal bis die Bäume ihre Blätter verloren haben und schaue mir die Szenrie nochmal an. Und ich muss vermutlich echt eine Leiter mitnehmen. Kein Witz. Das Foto muss irgendwie von einem Podest oder so entstanden sein. Vom Boden aus passt der Winkel einfach nicht. Wird sicher witzig. Mit der Klappleiter am Friedensengel.

Ein bisschen besser, aber ebenfalls für eine zweite Runde vorgemerkt, das Maximilianeum am Isarhochufer von der Isarbrücke aus fotografiert.


 

Auch hier sind die Bäume im Sommer zu dicht. Etwas, was mir bisher so gar nicht aufgefallen war. Und trotz Zählen der Brückengeländersegmente rutschte die Status links im aktuellen Bild noch weiter an den Rand. Und ich stand zwischenzeitlich auf der Straße :-), bin aber nicht darauf gekommen, dass der Fotograf vielleicht einfach weiter hinten stand und eine längere Brennweite verwendet hat. Aber das werde ich auf jeden Fall nochmal ausprobieren...

So 100%ig zufrieden war ich mit der Ausbeute dieser Münchentour nicht. Andererseits ist eine Quote von vier von sieben Motiven schon o.k. 

Schwieriger wird es da vermutlich bei diesen beiden Motiven.
Bei der Identifikation der Bauwerke haben mir die Mitglieder einer Ahnenforschungsgruppe auf Facebook geholfen. Ohne die Gruppe hätte ich vermutlich nicht herausgefunden, das diese Bilder aus Solothurn in der Schweiz stammen.



Dies hier ist das Bieltor am Amthausplatz. Mal sehen ob ich da irgendwann mal vorbei komme um ein paar Fotos zu machen. :-)

Reformierte Stadtkirche Solothurn Schweiz - um 1920/30

Und hier noch die reformierte Kirche mit einem Wachturm im Vordergrund. Für einen Wochenendausflug vielleicht etwas weit... Wir werden sehen.

Und dann zum Schluss noch drei Aufnahmen, zu denen ich bisher gar keine Idee habe. Ich sehe ja Hopfen im Vordergrund. Hat mir aber bisher auch nicht geholfen. :-)



Und für diese Wolkenaufnahme mit Dächern sehe ich ja insgesamt eher schwarz :-) Da müsste schon jemand zufällig die Häuser mit dem Hintergrund wiedererkennen.




Aber wer weiß, die Welt hält ja von Zeit zu Zeit doch noch Überraschungen bereit. Für den Moment baue ich auch noch an meiner Facebook-Gruppe, um genau diese Thema zumindest solange zu lösen, bis Google seine Ortserkennung für Fotos fertig hat...

Es waren wieder einige Kilometer kreuz und quer durch München und man kommt doch immer wieder an Ecken vorbei an denen man noch nicht war.
Von daher noch zwei Tipps für´s Westend. Das Ladencafe Marais. Leckerer Kuchen geht immer :-) Und hinterher auf ein Eis am Punto Gelato vorbei.
Die SZ-Redaktuere überteiben hier nicht was das Schokoldeneis angeht...



Aber für den Moment genug der Refotografie, den Sehenswürdigkeiten aus München, Solothurn und den Empfehlungen für Kuchen und Eis.

Die nächsten Fotoplatten liegen schon bereit...

Viele Grüße und einen gute Zeit

Peter aka h3px

Samstag, 12. August 2017

Alte Bilder und die Refotografie - Teil 1 - Chiemgau und Werdenfelser Land

Alte Fotos sind nun seit einigen Jahren Thema in diesem Blog und wann immer ich in Deutschland unterwegs bin schaue ich, ob Aufnahmeorte der alten Glasplatten auf dem Weg liegen.
Dabei bin ich schon 2014 in Orten wie Wolframs-Eschenbach gelandte und habe Schloss Linderhof besucht um die alten Bilder noch einmal zu fotografieren.

Der Begriff Refotografie war mir seinerzeit noch unbekannt, aber im Prinzip geht es mir exakt um die bei Wikipedia genannte Definition. >>Die wiederholte Aufnahme des gleichen Motivs, welches zu einem früheren Zeitpunkt schon aufgenommen wurde.<<
Zu sehen wie sich Orte geändert haben, bzw. welche Dinge eben nicht finde ich enorm faszinierend. Gerade wenn fast 100 Jahre zwischen den Aufnahmen liegen.

Wer viel im www unterwegs ist, der kennt sicher auch die diversen Slider-Funktionen, mit denen vorher-/nachher-Bilder mit einem Schieber per Maus überlagert werden können. Die Sliderfunktion gibt es zwischenzeitlich als Plug-in, aber die pixelgenaue Überlagerung zweier Bilder ist, wie ich gleich mehrfach in mühsamer Handarbeit herausfinden durfe, alles ander als trivial. Ich habe einige Abende vor Lightroom und Gimp verbracht um Bilder, die auf den ersten Blick vom gleichen Standpunkt aus aufgenommen wurden, zu überlagern.
Es ist mir nicht gelungen zufriedenstellende Ergebnisse zu produzieren...
So habe ich hier immer "Gegenüberstellungen" in zwei Bildern dargestellt. Geht auch, ist aber halt nicht ganz was mir vorschwebte.
Irgendwann im Frühjahr 2017 bin ich über die Seite re.photos gestolpert. Eine Seite, die exakt dieses Problem auf den Rechner übertragen und per Software die Bilder ausrichtet. Eine genauere Beschreibung des Projektes hier. ->re.photo bei heise.de Genau was ich seit Jahren suche.

Also gleich mal angemeldet und ein paar Wochen vergessen :-)
Eingefallen ist mir die Seite, als ich einige Wochen später ins Chiemgau wollte und mich erinnerte, ich habe noch alte Fotos von Aschau...

Und so war mein erstes hochgeladenes Bildpärchen dieses hier.



Aschau im Chiemgau vor der Scheibenwand. Irgendwann um 1920/1930 und dann 2017.

Ich musste feststellen, den exakten Aufnahmepunkt zu finden und ein Foto zu machen, welches auch am Rechner -trotz Softwareunterstützung- sauber übereinander läuft ist echt kompliziert. Ein paar Meter weiter vorne und Dinge die zu sehen sein müssten verschwinden im Hintergrund. Ein paar Meter zu weit links und schon stimmt die Flucht nicht mehr. Man könnte verrückt werden... Zumal man die Fehler oft erst am Rechner erkennt. Auf dem kleinen Bildschirm der Kamera sieht alles immer prima aus... 
Auch für Aschau war ich ein zweites Mal vor Ort, da ich die Entfernung auf dem alten Foto nicht richtig eingeschätzt hatte. Noch schwieriger wirde es bei Bildern mit wenig Abstand zum Motiv. Hier sieht man wirklich jede Abweichung. So wie hier bei der Kapelle "Maria auf der Kette" Aschau im Chiemgau. Aber diese Motive machen beim Betrachten halt auch am meisten Spaß. :-)


Dabei ist nicht immer ist ganz klar, ob es Abbildungsprobleme, ein anderer Winkel der Fotoebene ist, oder ob tatsächlich ein Stück Fels fehlt, oder ob zwischenzeitlich die Straße nochmal asphaltiert wurde.

Spannend sind natürlich auch immer bekannte Bauwerke. Und als ich Fotoplatten von Schloss Linderhof digitalisiert hatte, war klar: Da muss ich hin.


Schloss Linderhof - Version 1



und Version 2.
Es ist schon erstaunlich wieviele Details die Landschafts- und Denkmalpfleger offenbar von Generation zu Generation übergeben.

Manchmal ergeben sich aber auch sehr augenscheinliche Veränderungen.
So wie beim Kirchturm der Pfarrkirche St. Johannes der Täufer in Obergrainau.
Der wurde bei einem Umbau 1926/1927 zu einem Zwiebelturm umgestaltet.



Pfarrkirche St. Johannes der Täufer in Obergrainau.

Und auch der Friedhof wurde zwischenzeitlich ein wenig erweitert...
Entsprechend habe ich auch etwas länger gebraucht, bis ich die Kirche bei der Recherche im Netz gefunden hatte.

Wie auch immer, ich denke an den Beispielen zeigt sich sehr gut, wie moderne Technik und ein Satz alter und neuer Fotos einen neuen, interessanten und sehr direkten Einblick in die Geschichte und Veränderung von Orten und Bauwerken ermöglicht. Für mich eine weitere schöne Möglichkeit den alten Glasplatten die ich so zusammentrage wieder ein bisschen "Leben" einzuhauchen.

Von daher an dieser Stelle auch vielen Dank an Prof. Dr. Oliver Vornberger und das Team an seiner Seite. Und natürlich auch an die verrückten Fotografen, die auf http://www.re.photos/ mittlereweile über 650 "Zeitreisen" bereit gestellt haben und damit nicht zuletzt die Weiterentwicklung der Software ermöglichen.


Und weil mir das selber großen Spaß macht geht die Reise im nächsten Post nach München. Ausgestattet mit Glasplatten von sieben Sehenswürdigkeiten der Stadt bin ich (sind wir;-)) Anfang August einen Samstag lang kreuz und quer mit Bus und Bahn durch die Landeshautstadt gedüst um alte Fotografien nachzustellen. Und auch dabei habe wieder einiges zum Thema (Re-)Fotografie dazulernen dürfen/müssen. :-) Aber dazu die Tage mehr.


Bis dahin viele Grüße und eine gute Zeit

Peter